Buchvorstellung von Catherine Letourneur (Grundschullehrkraft, Ausbildungsbeauftragte GHRF, Fortbildungen für Lehrkräfte HLA, systemische Pädagogin)
Hair Love
geschrieben von Matthew A. Cherry
aus dem Englischen übersetzt von Aminata Belli
illustriert von Vashti Harrison
Mentor Verlag 2021
Altersempfehlung: ab 4 Jahre
48 Seiten
Hardcover 24,00 €
Der animierte Kurzfilm Hair Love, auf dem das Bilderbuch basiert, wurde 2020 mit einem Oscar ausgezeichnet.
„(…) We have a firm belief. That representation matters deeply.“
Vashti Harrison
„Hair Love was done because we wanted to see more representation (…). We wanted to normalize black hair.“
Matthew A. Cherry
Aus der Dankesrede bei der Oscarverleihung am 09.02.2020
Ein Bilderbuch über die Liebe zu allem, was uns ausmacht und uns in unserer Einzigartigkeit erzählt
Heute ist ein besonderer Tag für Zuri. Als sie mit ihrer Katze Rocky aufsteht, erzählt sie den Leser:innen erst einmal über ihre Wandlungsfähigkeit und die Liebe zu ihren Haaren. Denn je nachdem welche Frisur sie trägt, kann sie in andere Rollen schlüpfen, z.B. in die einer Prinzessin oder in die einer Superheldin.
Und heute ist ein wichtiger Tag, für den eine einzigartige Frisur gezaubert werden muss. Aber welche? Da ihr Papi noch schläft und Zuri ihn schonen will – immerhin hat er in den letzten Tagen alles für sie gemacht, vom zur Schule bringen über Fahrrad-touren uvm. – recherchiert sie erstmal auf einem Tablet selbst, was Profis empfehlen. Als ihr Vater aufwacht, werden gemeinsam Frisuren ausprobiert. Er steht ihr dabei mit viel Einfühlungs- und Durchhaltevermögen zur Seite und frisiert sie unermüdlich bis genau die „richtige“ Frisur für das bevorstehende Ereignis gefunden ist. Nun kann Zuri glücklich ihren Superheldinnen-Umhang anziehen.
Jetzt erfahren die Leser:innen, welche wichtige und schöne Begebenheit es ist, der Vater und Tochter (und Katze Rocky) entgegengefiebert haben. Mama ist wieder da und bewundert die schöne Frisur ihrer Tochter.
„Meine Haare sind Mami, Papi und ich.
Ich liebe unsere Haare.“ Matthew A. Cherry
Warum dieses Buch zum Unterrichtsthema machen?
„Was im Zusammenhang mit meinen Haaren nervt, ist vor allem das übergriffige Verhalten anderer Leute. Abgesehen davon, dass ich schon unzählige Hände in meinen Haaren hatte, machen sich schon mein ganzes Leben lang Menschen über meine Locken lustig.“
Alice Hasters 2019, S.116
In einer eurozentrisch geprägten weißen Mehrheitsgesellschaft sind Schönheitsideale omnipräsent, die vorwiegend genau diese Erscheinungen positiv bewerten und dazu verleiten, bestimmte Äußerlichkeiten nachzuahmen. Das, was uns individuell macht, wird möglichst schnell angepasst. Im Zuge dessen werden Schwarze Menschen und natürliche Haare häufig entweder negativ belegt, erzählt und/oder zu etwas Außergewöhnlichem stilisiert.
Mit der Geschichte von Zuri und ihrem Wunsch nach einer für sie schönen Frisur wird grundsätzlich Identifikationspotential für Kinder geschaffen und einem Anpassungsverhalten widersprochen, mit dem insbesondere Mädchen durch Social Media und dem Vergleichen mit möglichen Idealvorstellungen häufig schon sehr früh konfrontiert sind. Die Idee des Buches kann hier als
Gegenentwurf dienen und nimmt uns mit in eine empathische Vater-Tochter-Beziehung, die Zuris Wandlungsfähigkeit spielerisch thematisiert und den starken Zusammenhalt in einer Schwarzen Familie in den Mittelpunkt stellt.
Außerdem werden schwarze Protagonist:innen erzählt, die in Kinder- und Jugendliteratur nach wie vor unterpräsentiert sind und in einer authentisch diversen Gesellschaft sichtbar sein müssen. Genauso wie ein Vater, der Genderstereotype auflöst und seine Tochter unermüdlich dabei unterstützt, ihre Individualität zu leben und sich selbst zu lieben.
Für einen unterrichtlichen Einsatz bietet das warm, fröhlich und ausdrucksstark illustrierte Bilderbuch zahlreiche Leerstellen in Bild und Text, die dazu einladen, individuell gefüllt zu werden und miteinander ins Gespräch zu kommen. Am Ende des Buches finden sich außerdem Hinweise zu Personen und Projekten rund um Afro-Haare zur weiterführenden Beschäftigung.
Besonders erwähnt werden soll an dieser Stelle der oscarprämierte animierte Kurzfilm Hair Love, der die Rezeption des Bilderbuchs im Medienverbund ergänzen kann und weitere Ebenen der Erzählung (z.B. die Hintergrundgeschichte der Mutter) eröffnet.
https://www.sonypicturesanimation.com/projects/shorts/hair-love
Auf der Website des Mentorverlags finden sich außerdem Extras zum Bilderbuch, wie beispielsweise ein Malbuch zum Download.
https://shop.mentor-verlag.de/pages/extras-zum-buch-hair-love
Grundlegende Hintergrundinfos zum Thema Black Hair bietet auch die ZEIT ONLINE Dokumentation von Elif Küçük und Poliana Baumgarten.
Ideen für den Einsatz im Deutschunterricht der Primarstufe
–
Mögliche Lernangebote
Ein besonderer Tag
Die Schüler:innen antizipieren das besondere Ereignis, auf das sich Zuri so sehr freut, schreiben einen Text und teilen ihren individuellen Vorstellungen miteinander.
Schreiben – Texte verfassen (planen und strukturieren/Texte formulieren)
Sich mit Texten und anderen Medien auseinandersetzen – Texte präsentieren
Sprechen und Zuhören – zu anderen sprechen – vor anderen sprechen – verstehend zuhören
Rocky
Die Schüler:innen schreiben aus der Perspektive des Katers/der Katze Rocky einen Text über die Ereignisse des Morgens.
Schreiben – Texte verfassen (planen und strukturieren/Texte formulieren)
Sich mit Texten und anderen Medien auseinandersetzen – Texte präsentieren
Mama
Die Schüler:innen entwickeln Vorstellungen über den Verbleib der Mutter und schreiben einen Paralleltext zu den Ereignissen im Bilderbuch.
Schreiben – Texte verfassen (planen und strukturieren/Texte formulieren, Texte überarbeiten)
Sich mit Texten und anderen Medien auseinandersetzen – Texte präsentieren
Eine Rolle im Bilderbuch einnehmen
Die Schüler:innen schreiben sich selbst in den Text des Bilderbuchs und erzählen von ihrer Begegnung mit Zuri.
Schreiben – Texte verfassen (planen und strukturieren/Texte formulieren, Texte überarbeiten)
Sich mit Texten und anderen Medien auseinandersetzen – Texte präsentieren – Texte und andere Medien erschließen und nutzen
Einzigartigkeiten – Steckbrief
Die Schüler:innen konkretisieren ihre eigenen Einzigartigkeiten und was sie sowohl äußerlich als auch „innerlich“ ausmacht. Sie entwickeln einen Steckbrief mit individuellen Kriterien, die zur eigenen Beschreibung von Bedeutung sind.
Sprechen und Zuhören – zu anderen sprechen – mit anderen sprechen – verstehend zuhören
Schreiben – Texte verfassen (planen und strukturieren/Texte formulieren, Texte überarbeiten)
Sich mit Texten und anderen Medien auseinandersetzen – über Textwissen verfügen
Schönheitsideale/Normen reflektieren
Die Schüler:innen reflektieren ihnen bekannte Vorbilder aus den Medien/Social Media usw. Sie machen sich Idealvorstellungen bewusst, betrachten diese kritisch und hinterfragen sie. Sie suchen nach Vorbildern, die bewusst eigene Werte/Vorstellungen abseits von konstruierten Normen leben und stellen diese vor.
Sprechen und Zuhören – zu anderen sprechen – mit anderen sprechen – verstehend zuhören
Sich mit Texten und anderen Medien auseinandersetzen – sich im Medienangebot orientieren – Texte und andere Medien erschließen und nutzen – digitale Formate und Umgebungen
Sich mit Texten und anderen Medien auseinandersetzen – Texte präsentieren
Selbstakzeptanz definieren in kreativen Texten/Gedichten/Collagen
Die Schüler:innen definieren für sich und mit anderen den Begriff der Selbstakzeptanz. Sie schreiben einen Text zum Themenstichwort. Dabei können kreative Textformen wie ein Akrostichon, ein Selbstgedicht oder Wörtercollagen freie Textmethoden ergänzen/erweitern.
Schreiben – Texte verfassen (planen und strukturieren/Texte formulieren, Texte überarbeiten)
Sich mit Texten und anderen Medien auseinandersetzen – Texte präsentieren
Verweise auf die Kompetenzbereiche des Faches Deutsch KMK 2022
Hasters, Alice (2019): Was weisse Menschen nicht über Rassismus hören wollen aber wissen sollten. Carl Hanser Verlag. München.